Obwohl die Physiotherapie als der Schlüssel zur Schmerzfreiheit bei muskulären Störungen gesehen werden kann, wird sie in der Praxis leider häufig unzureichend angewendet.
Folgt man den biokinematischen Erkenntnissen, so setzt die Physiotherapie in der bislang praktizierten Form häufig an der falschen Körperregion an: Weil die Schmerzursache und der Ort des Schmerzes meist voneinander getrennt und in unterschiedlichen Muskeln anzutreffen sind, ist eine Therapie am Schmerzort falsch!
Jeder Versuch der Manipulation an dieser Stelle, sei es durch Krankengymnastik oder manuelle Therapie, wird eher Zufallsreaktionen des Körpers auslösen als im tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zu arbeiten.
Im Regelfall schmerzt die gesunde Muskelstruktur, während die „kranke“ Struktur aus dem Körperbewusstsein regelrecht ausgeblendet ist.
Die Übungen in der Krankengymnastik sind oftmals weder dazu geeignet, die Muskulatur wieder auf Länge, Beweglichkeit und Funktion zu trainieren, noch entsprechend auf der Gesamtlänge zu kräftigen. Aussagen wie „Ihre Muskeln sind wie Pudding“, wie sie Patienten noch immer zu hören bekommen, beziehen sich ebenfalls auf ein Missverständnis einer optimalen Muskulatur, die in Ruhe immer weich und geschmeidig sein sollte. Die Übungen der Rückenschule sind (durch Studie nachgewiesen) nicht dazu geeignet, dauerhaften Erfolg beim Schmerzen zu erreichen. Sie haben zu sehr das Ziel eine Kräftigung zu erzielen und vernachlässigen das relevante „Beweglichkeitstraining“. Auch die seit kurzem eingeführte „Neue Rückenschule“ oder „Rückenschule 2.0“ ist aus meiner Sicht „alter Wein in neuen Schläuchen“ und wird ebenso nicht den Nutzen erreichen, den man sich wünschen würde. Auch hier ist Kräftigung das Hauptziel. Wenig Körperkraft hat aber im Regelfall nichts mit chronischem Schmerz zu tun. Im Gegenteil verstärken sich durch Kräftigungstraining vielfach die Probleme noch mehr, gehen tiefer, wechseln die Stelle und führen dann oftmals mittelfristig zu Arthrose.
Was das Thema Koordinationsschulung anbelangt, das wichtig ist: Es sollte in Zukunft stärker ein Training auf der gesamten, vollumfänglichen Bewegungsbahn sein und sich nicht auf die Wahrnehmung einer vergleichsweise kleinen Bewegung oder Struktur konzentrieren. Besondere Beachtung verdienen hierbei die Muskelketten, die den Körper von oben bis unten durchlaufen.
Chiropraktik / Dorn-Therapie
Diese Ansätze, die bei kleineren Störungen oft sehr wirksam sind, greifen ebenfalls etwas zu kurz, denn hier wird in der Regel am Ende der Wirkungskette – z.B. im verschobenen Wirbel – angegriffen, anstatt dauerhaft den Grund für die Verschiebung der Wirbelkörper zueinander durch entsprechende zugentlastende Muskeltherapie zu beseitigen. Weiterhin ist leider bekannt, dass die Chiropraktik insbesondere bei alten Menschen nicht ganz ungefährlich ist.
Dagegen ist eine Muskeltherapie nach dem Konzept der Biokinematik sanfter und kann dementsprechend bis ins hohe Alter risikolos durchgeführt werden. Diese Methode ermöglicht eine tatsächliche Verlängerung der Muskeln durch Umbauprozesse und die Auflösung ihrer Fehlfunktionen innerhalb kurzer Zeit. Im wesentlichen ist es eine Art weiterentwickelte, modifizierte Physiotherapie – fast könnte man sagen 180 Grad entgegengesetzt – angewandt.
Bei der Dorn-Therapie, die ich selbst erlernt habe, neige ich zu der Auffassung, dass es vor allem die Bewegung des Patienten ist, die über eine muskuläre Zugentlastung die Strukturen deblockiert – weit weniger die Handgriffe des Therapeuten (Wirbelrichten).
Stretching / Dehnen
Auf der Webseite www.nostretch.de wird ausführlich beschrieben, warum Stretching als therapeutische Maßnahme nicht ursachengerecht funktioniert und lediglich auf das Bindegewebe, aber nicht auf den Muskel wirkt. Deshalb führt ein Dehnen auch nicht zu einem Längenwachstum des Muskels, sondern allenfalls zu einem Status-Quo.
Zukunft der Physiotherapie
Es wäre wirklich wünschenswert, die Physiotherapie in Zukunft im Vergleich zu teurer Diagnostik und sogenannter High-Tech-medizin aufzuwerten. Sowohl von den Therapieverfahren als auch von den Erstattungen der Krankenkassen her gesehen.
Viele der chronischen Schmerzprobleme lassen sich in den Griff bekommen, wenn das neue Wissen über muskuläre Zusammenhänge integriert wird und die Therapeuten auch ausreichend Zeit haben, die mit Patienten umzusetzen. Der menschliche Körper verfügt über unglaubliche Selbstheilungsmechanismen, wenn er zielgerichtet unterstützt und angeleitet wird. Kein technisches Labor und keine Operation übertrifft die Perfektion dieser natürlichen Regenerationskräfte. Das gilt insbesondere auch für den Bereich Arthrose (Knorpelschwund).
Dies zu erreichen, erfordert jedoch einiges an Umstruktierung und Umdenken in der Schmerztherapie. So können heutzutage beispielsweise Therapiezeiten von einer Stunde pro Sitzung, die manchmal notwendig und zielführend sind, faktisch nicht abgerechnet werden.
Die Physiotherapie hat schon heute einen großen therapeutischen Nutzwert, der aber bei wirklich chronischen Beschwerden noch erheblich gesteigert werden könnte. Denn heute gibt es noch viel zu viele „Therapieversager“, die unter ihren chronischen Schmerzen wirklich leiden. Das sollte nicht sein.
Deshalb biete ich in Kooperation mit der Ärztin Ilona Kunzelmann zukünftig spezielle Seminare für Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten an – zum Erlernen der Biokinematik-Techniken und damit zukünftig mehr Patienten von den Erfahrungen mit dem Konzept der Biokinematik profitieren können. Bei Interesse senden Sie bitte eine e-mail oder melden sich telefonisch.